1. Etappe, vom 11.06.11 ‐ 25.06.11
von Elburg (NL) bis Göteborg (S)
mit meinem Bruder Peter.
Autor & Käpt`n Jürgen Broich
11.06.11 Es ist Pfingstsamstag.
Unsere Frauen bringen uns nach Elburg. Dort steht nach dem langen Winterlager meine „ Summer Breeze „ und wartet darauf dass sie für die große Reise startklar gemacht wird. Nur weil unsere Frauen noch tatkräftig mit anfassen, sind wir mit den Vorbereitungen schon am späten Nachmittag fertig.
12.06.11 ELBURG ‐ HARLINGEN SL 2 sm 60
Bevor wir abfahren einigen wir uns darauf diese Reise auf den Namen Mittsommernachts-Reise zu taufen. Nun geht es aber los. Um 8.30 Uhr legen wir im Yachthafen „De Klink„ ab. Kommen aber leider nur bis zur nächsten Roggebotssluis, wo wir auf die Öffnung fast eine Stunde warten müssen. Wir lassen uns aber nicht die Stimmung verderben, halten auf dem Steg mit ein paar Dänen ein kleines Schwätzchen und bekommen so auch noch einige Auskünfte über unsere Reiseroute.
Irgendwann geht es dann doch weiter Richtung Ketelbrücke ins Ijsselmeer, dann an Urk, Lemmer, Hindeloopen und Makkum vorbei bis zur Schleuse Kornwerdersand.Die anschließende Weiterfahrt durchs Wattenmeer nach Harlingen erweist sich, dank ruhiger See, als problemlos. Dort angekommen müssen wir auf die “¼ vor“ Brückenöffnung warten. Bevor wir festmachen erkundigen wir uns nach dem Tidenhub und legen entsprechend lange Leinen aus.
Alles geht gut und wir haben noch viel Zeit, uns diese schöne Stadt anzusehen. Ich notiere im Logbuch für die heutige Strecke 60 sm. Wir fahren, trotz zweimal 375 PS, stur unsere 8 Knoten, solange die Wetterlage nicht etwas anderes verlangt. Die Hafengebühr für unsere 14 m an der Mauer und zwei Personen beträgt 26,50 Euro. Nach all diesen ersten Erledigungen genehmigen wir uns erst einmal ein leckeres Stück „Appeltaart met Slagroom„.
13.06.11 HARLINGEN ‐ VLIELAND SL 0 sm 20
In unserer Planung steht für heute eigentlich die Insel Borkum. Doch wie so oft geht es mit den Planungen daneben wenn man vom Wetter abhängig ist. Schon am 2. Reisetag macht es uns einen dicken Strich durch die Rechnung. Bei 5 bis 6 Bft. und Böen bis 7 Bft. wagen wir nur den Sprung bis Vlieland. Am Nachmittag lassen wir uns dann ausgiebig in den Dünen und am Strand den Wind um die Ohren sausen. Dafür war der Fisch im Hafenrestaurant wirklich exzellent. Mit diesem Gefühl im Magen können wir gemächlich abwarten, was der Wind und der nächste Tag uns noch bringen werden.
14.06.11 VLIELAND ‐ BORKUM SL 0 sm 72
Heute meint der Wettergott es aber wirklich gut mit uns. Um dies auszunutzen sind wir bereits um 7.45 Uhr mit der Tide ausgelaufen und genießen die ruhige See. Trotz Tide und Sonnenschein kommen wir aber nicht so voran, wie wir uns das gedacht haben. In Vlieland war Hochwasser um 8.00 Uhr und unsere Berechnungen ergaben ein Einlaufen in die Emsmündung mit der Tide, dem war aber nicht so. Kann mir eigentlich nur vorstellen, dass die Tide sich in der Uhrzeit vertan hat. (Für Kenner der Materie – das war Spaß)
Wir laufen um 17.00 Uhr bei absolutem Niedrigwasser, und nur gebremst durch etwas Hafenschlamm, im YH Borkum ein. Doch sind wir sehr zufrieden. Mit unseren 8 Knoten sind wir gemütlich in 9 Stunden diese Strecke gefahren. Unzufrieden sind wir mit dem heruntergekommenen Hafen auf einer so schönen und dazu noch bekannten Insel. Für uns wirklich unverständlich. Auch der Hafen nebenan bietet keine Alternative. Dort wird man fortlaufend von rücksichtslosen Fähren mit ihrem Schwall belästigt. Zur Stadt ist es zu weit und so sehen wir vom Achterdeck mit einem guten Glas Rotwein dem Sonnenuntergang zu.
16.06.11 HELGOLAND ‐ LIST / SYLT SL 0 sm 64
Ein unbedingtes „MUSS" auf Helgoland ist das Tanken vor der Abreise. Bereits um 7.30 Uhr stehen wir an der Zapfsäule. Habe schon Tanks von fast 2000 Litern, aber bei einem Preis von 1.05 Euro pro der Liter Diesel hätte man gerne noch zehn zusätzliche. Nach der südlichen Umrundung des abgetrennten Teils von Helgoland, (die Helgoländer haben sich gegen eine Wiedervereinigung der beiden Inseln entschieden) nahmen wir direkt Kurs auf die Nordspitze von Sylt. In Gedanken sehen wir uns schon zwischen den Megayachten untergehen. Doch zu unserer Überraschung mussten wir feststellen, dass unser Boot für den Hafen List schon zu groß ist. (Man klärt uns dahin gehend auf, dass man auf Sylt nicht mit dem Boot sondern mit dem Privatjet ankommt) Naja, dann eben nicht, wir bleiben bei unserer Summer Breeze.
Das Tollste ist aber, dass wir wegen Wurmbefall nicht an den großen Dalben festmachen dürfen, und das auf Sylt. Dadurch entwickelt sich wegen der Tide und den sehr langen Leinen das Ein‐ und Aussteigen jeweils zu einer akrobatischen Meisterleistung, und das auch noch für zwei Tage, weil unser Wettergott nichts Gutes am nächsten Tag mit uns vorhat. Auch ein Polizist der Küstenwache ließ es sich nicht nehmen, mit uns einen netten Nachmittagsplausch zu halten. Ich hatte den Eindruck, er war froh, in List mal eine richtige Yacht zu sehen, um damit wegen der Kontrolle mal aus seinem Büro rauskommen zu können. Aber das „Größte" von List ist die Fischtheke bei „GOSCH" Ich will wirklich keine Reklame machen, aber alles was wir dort probieren, zerläuft uns auf der Zunge. Wir können nicht mehr aufhören. Wirklich Spitze. Wir haben es als Entschädigung für den doch nicht so schönen Hafen vermerkt.
18.06.11 LIST / SYLT ‐ HVIDE SANDE SL 0 sm 65
Trotz noch sehr ruppiger See setzen wir schon um 7.00 Uhr die Fahrt in Richtung Norden fort, denn bis Hvide Sande, an der dänischen Westküste, ist es noch ein langer Weg und das Wetter verspricht nichts Gutes. Schließlich erreichen wir am Nachmittag nach einer ungemütlichen Fahrt den Industrie‐ Hafen von Hvide Sande und bekommen vom Hafenmeister einen geschützten Platz direkt hinter einem historischen Dreimaster zugewiesen. Man trifft hier nicht viele Menschen, aber die man trifft, sprechen zu unserer Verwunderung fast alle deutsch, obwohl wir unserer nach Meinung doch schon fast am Polarkreis sind.
19.06.11 HVIDE SANDE ‐ NYKÖBING SL 0 sm 78
Fluchtartig verlassen wir heute morgen den Hafen, um vor dem angekündigten Sturm (26 m/sec.) den schützenden Limfjorden zu erreichen. Warten wir hier noch länger, hängen wir sicher für ein paar Tage fest. Bis 10.00 Uhr haben wir mehr mit den bis zu zwei Meter hohen Wellen zu tun, als uns lieb war. Unser Glück dabei ist, dass sie von halb links Achtern kamen. Auch hier zeigte sich wieder der Vorteil von zwei großen Maschinen.
Es ist zwar sehr unangenehm, aber mit den starken Motoren können wir die Wellen gut ausgleichen. Kostet zwar eine Menge mehr Diesel aber unsere Sicherheit geht vor. Früh laufen wir dadurch schon in den Thyborön Kanal ein und gehen weiter Richtung Slimfjorden. Wir sind froh in geschützten Gewässern zu sein, was uns vermutlich unsere Augen etwas eingetrübt hat. Beide beobachten wir die Zufahrt zur „ODDE SUND BRÜCKE" fahren mit unseren obligatorischen 8 Knoten und sehen erst im wirklich allerletzten Moment, dass wir nicht unter diese riesige Brücke passen.
Was tun ??????
In diesem Augenblick habe ich das Bild von unserem Clubpräsidenten im Kopf, wie er durch sein Abbremsen von der Heckwelle hoch gedrückt wird und sich sein komplettes Radar abreißt. Ich gebe also instinktiv Vollgas, das Boot wird dadurch mit dem Heck ca. 30‐40 cm tief ins Wasser gedrückt, schließe dann beide Augen und höre nur noch unserer kurzen Funkantenne zu, wie sie tak‐tak‐tak‐tak‐tak‐tak‐tak –tak‐tak-tak‐---macht. Wir haben wirklich Glück, nichts ist passiert und unser Urlaub kann weitergehen. Sicher bin ich aber, dass der Brückenwärter (er öffnet für die Segler zu bestimmter Zeit die Brücke) denkt: entweder sind das die größten Profis, die je auf dem Limfjorden gefahren sind, oder aber die größten Idioten. Ich überlasse die Auswahl ihm. Wir beschließen bis Nyköbing durchzufahren und treffen dort trotz der 78 sm schon um 16.00 Uhr ein. Zum ersten mal sehen wir einen leibhaftigen Wikinger, so wie im Kino. Jedoch entpuppt er sich als deutscher Hafenmeister mit dem Namen Christian und sein Sohn wohnt auch noch in Köln, also vor unserem Heimathafen.
20.06.11 NYKÖBING ‐ AALBORG SL 0 sm 46
Unvorsichtigerweise tanken wir hier im Hafen, ohne vorher nach dem Preis zu fragen und ob man mit Creditkarte bezahlen kann.
Bei den Preisen hier in Dänemark (1,72 Euro der Liter und es sollte noch besser kommen) haben wir alle verfügbaren Barreserven aktivieren müssen. Um 9.00 Uhr können wir dann die Finanztransaktion abschließen und unsere Reise in Richtung AGGERSUND Brücke bis AALBORG fortsetzen. Einen so großen Hafen haben wir nicht erwartet. Da wir auch nicht mehr auf die Brückenöffnungen warten müssen, kommen wir schon früh in den Hafen und finden sofort noch einen leeren Kopfsteiger vor.
Am späten Nachmittag, als dann eine größere Anzahl von Seglern einläuft, können wir, bei einem guten Glas Rotwein, auf der gegenüberliegen Seite sehen und miterleben wie manche Skipper nur mit Gebrüll Richtung Ehefrau (seine Freundin brüllt man bestimmt nicht so an) in die, zugegebenermaßen quer zum Wind etwas schwierigen Boxeneinfahrten kommen. Jedoch stellen wir fest, dass diese Art der Kommunikation einen gewissen internationalen Charakter aufweist, also keiner bestimmten Sprache unterliegt.